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Logistik-Indikator 2. Quartal 2017: Nachgebende Erwartungen bei stabiler Lage

Großes Potenzial, aber verzögerte Nutzung digitaler Plattformen


Kommentar von Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner, Vorsitzender des Vorstands, Bundesvereinigung Logistik (BVL)

Es ist ein unerwartetes Signal in diesem Frühsommer: Nach einer euphorischen Leitmesse „transport logistic 2017“ im Mai kühlt sich das Klima in der deutschen Logistik im laufenden Quartal etwas ab, liegt aber immer noch gut 30 Punkte oberhalb des neutralen Geschäftsklimas – und damit deutlich im expansiven Bereich.

Wesentlichen Einfluss auf das Stimmungsbild haben die Beobachtungen der Logistikanwender in Industrie und Handel. Sie vermelden, dass die Kapazitätsauslastung leicht sinke, die Nachfrage nach Logistikleistungen schwächer werde und sich die aktuelle wirtschaftliche Lage leicht verschlechtert darstelle. Ihre Geschäftserwartungen für die kommenden 12 Monate spiegeln eine gewisse Sorge um die heimische Konjunktur wider – bei gleichzeitigem Optimismus hinsichtlich der grenzüberschreitenden Logistik. Bei den Logistikdienstleistern haben sämtliche Lageindikatoren hingegen moderat zugelegt. Insbesondere die Kapazitätsauslastung und die Geschäftslage haben sich im Vergleich zum Vorquartal verbessert und auch der inländische Auftragseingang legte zu. Trotzdem hat die Bereitschaft zum Aufbau von Personal nachgelassen – bei den Logistikdienstleistern, aber auch in Industrie und Handel.

Die Kurzfristeinschätzungen für das kommende Quartal sind gemischt, da sich Optimisten und Pessimisten im Hinblick auf die Geschäftsentwicklung der kommenden drei Monate auf beiden Marktseiten in etwa die Waage halten. Einig sind sich beide Marktseiten, dass binnenwirtschaftlich wohl weniger starke Auftriebskräfte zu erwarten sind.

Fast zeitgleich mit dem Abschluss der Umfrage für den Logistik-Indikator im zweiten Quartal gab die OECD bekannt, dass sie die deutsche Wirtschaft auf einem weiterhin stabilen Wachstumskurs sehe. Wie ist diese unterschiedliche Sichtweise erklärbar? Die EU ist nach wie vor auf der Suche nach einem neuen Gleichgewicht und langfristiger Stabilität. Die politischen und möglicherweise auch wirtschaftlichen Beziehungen zu den USA, einem zentral wichtigen Exportmarkt, sind in einem derzeit unberechenbaren Wandel begriffen. Ähnliches gilt für das Verhältnis zur Türkei. Und schließlich: in drei Monaten wird in Deutschland ein neues Parlament gewählt, möglicherweise gefolgt von wirtschafts- und sozialpolitischen Weichenstellungen, die unternehmerisch berücksichtigt werden müssen. Fake News und „alternative Fakten“ tun ihr Übriges.

Es ist wieder einmal die gefühlte Unsicherheit, die aus eigener Kraft nicht nachhaltig überwunden werden kann. Abzuwarten ist aber die falsche Strategie, insbesondere in den hoch dynamischen Zeiten der Digitalisierung von Supply Chain Management und Logistik. Besser ist es, in den Unternehmen Energien und Kompetenzen für die Entwicklung des Geschäfts einzusetzen. Warum zum Beispiel – so ergab eine Zusatzfrage zum Logistik-Indikator – wird die Mehrzahl der Geschäfte im Logistikbereich nach wie vor auf analogen Plattformen abgewickelt und nicht digital? Die Anstrengungen in diesem Feld zu verstärken ist eine Investition in die Zukunft: „Neues denken – Digitales leben“. So lauten gleichermaßen das Jahresmotto der BVL, als auch der Leitgedanke für den 34. Deutschen Logistik-Kongress im Oktober in Berlin. Mitmachen lohnt sich.