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Generative KI – Von der Lösung aller Probleme zur Ernüchterung

Eine Studie des Upwork Research Institute hat z.B. ergeben, dass KI mehr Arbeit verursacht als sie einspart.

Generative KI (GenAI), darauf ausgelegt, Inhalte in Form von geschriebenem Text, Audio, Bildern oder Videos zu erzeugen, ist in aller Munde und die vielen Wachstumsprognosen überschlugen sich in den letzten Monaten. Doch hält dieser Hype für Unternehmen, was er verspricht? 

Das McKinsey Global Institute prognostizierte einen Schub der Weltwirtschaft von bis zu 25,6 Billionen US Dollar, ausgelöst durch GenAI. Lösungen für aussichtslose Probleme, wie den Fachkräftemangel oder den erhöhten Kostendruck bedingt durch eine globalisierte Welt, scheinen zum Greifen nah zu sein. Zudem rechnet McKinsey Deutschland damit, dass allein durch den Einsatz von GenAI das Bruttoinlandsprodukt bis 2040 um 585 Milliarden Euro steigen wird.

Das Potenzial dieser Technologie ganze Branchen zu revolutionieren ist unbestritten. Die Anwendungsfälle von GenAI reichen von automatisierten Kundenservices, über die automatische Erstellung von Inhalten wie Werbebildern bis hin zur Optimierung von Forschung und Entwicklung. Axel Lorenz, CEO von Siemens Process Automation geht davon aus, dass GenAI bis zu 70 Prozent der heutigen Tätigkeiten automatisieren kann. Der Hype um KI ist groß und die Auswirkungen auf Unternehmens- und IT-Strategien sollten deshalb nicht unterschätzt werden.

Der Gipfel des Hypes – Erwartungen und Realität
Die großen Erwartungen und der Hype werfen allerdings die Frage auf, ob GenAI die hochgesteckten Erwartungen tatsächlich erfüllen kann: Im Jahr 2023 sieht Gartner in seinem jährlichen Hype Cycle für künstliche Intelligenz GenAI bereits auf dem Höhepunkt der überzogenen Erwartungen. 

Anfängliche Hoffnungen in Lösungen wie ChatGPT sowie deren Grundlage Large Language Models (LLMs) wich der Ernüchterung. GenAI hat es geschafft den Einsatz von KI zu steigern und Lösungen im Bereich Produktivitätssteigerung aufzuzeigen. Ein Blick in die Realität zeigt uns auch, dass GenAI zu implementieren und zu nutzen nicht so problemlos und einfach ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Technische Herausforderungen, wie sicherzustellen, dass die Datenqualität hoch ist und der Stromverbrauch gering bleiben und organisatorischen Aufgaben, wie rechtliche Aspekte bei der Nutzung zu beachten, stellen Unternehmen vor großen Herausforderungen. Auch ethische Fragen spielen hier eine Rolle. Des Weiteren hat eine Studie des Upwork Research Institute ergeben, dass KI mehr Arbeit verursacht als sie einspart. Eine Mehrheit der befragten Mitarbeiter gab an, dass KI sie sogar stört und ihre Produktivität negativ beeinflusst.

Doch welche technischen und organisatorischen Voraussetzungen benötigt dann ein Unternehmen, um effektiv GenAI zu nutzen? Wie lässt sich eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufstellen? Viele dieser Fragen stellen sich derzeit deutsche Unternehmen vom familiengeführten Mittelständer bis hin zum internationalen Konzern.

Technische und organisatorische Voraussetzungen
Um GenAI erfolgreich in Unternehmen einsetzen zu können, benötigen diese nicht nur aktuelle Technologien, wie LLMs, oder interdisziplinäre Teams aus Data Scientists, Developern und Fachexperten, sondern auch organisatorische Strukturen und Prozesse. Zudem sind auf der technischen Seite entsprechende Sicherheits- und Datenstrategiekonzepte erforderlich. 

Vor allem im organisatorischen Bereich sollten Unternehmen sicherstellen, dass die betroffenen Benutzer im Umgang mit GenAI-Lösungen geschult werden. Darüber hinaus sollte für jeden transparent sein, auf welche Daten/Wissen hier zugegriffen wird – Stichwort: EU Artificial Intelligence Act. In diesem Gesetz sind die Anbieter von KI-Lösungen unter anderem dazu verpflichtet technische Dokumentationen aber auch Gebrauchsanweisungen bereitzustellen. Außerdem ist festgelegt, für welche Fälle es verboten ist, KI zu nutzen. Dies inkludiert z.B. Biases, welche unbeabsichtigt Schaden anrichten können. Laut Amnesty International, hat zum Beispiel eine teilautomatisierte Entscheidungsfindung, die Sozialleistungen prüft, dazu geführt, dass bestimmte Personengruppen benachteiligt werden. Insgesamt bedarf es einer sorgfältigen Planung und Umsetzung, um die richtigen Daten zu beschaffen und GenAI in die Unternehmensprozesse zu integrieren. Kyndryl hat hierfür beispielsweise die „Kyndryl Data and AI Console“ entwickelt. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre IT den zusätzlichen Anforderungen gewachsen sind. Insbesondere bei großen Datenmengen gilt es, diese zu extrahieren, zu modifizieren und zu verarbeiten und dabei jederzeit Datenschutz und -sicherheit zu gewährleisten. Dies erreichen Unternehmen durch eine klare Data & AI Strategie und Governance. Diese stellt die Basis dar, um GenAI in Unternehmen erfolgreich umzusetzen.

Kosten-Nutzen-Rechnung
Eine weitere Herausforderung für Unternehmen ist eine fundierten Kosten-Nutzen-Rechnung. Neben den Anfangsinvestitionen für die technischen und organisatorischen Voraussetzungen, gilt es die laufenden Kosten, etwa die Kosten für das Rechenzentrum, zu berücksichtigen und dem möglichen Nutzen, wie zu erwartende Einsparungen oder Produktivitätssteigerungen, gegenüberzustellen. 

Organisatorische Maßnahmen wie Schulungen bilden die Grundlage, um mehrere Herausforderungen zu bewältigen. Dazu gehört u.a. sicherzustellen, die Regularien nach NIS2 oder DORA einzuhalten. Um die laufenden Kosten zu betrachten, berücksichtigen externen Dienstleister auch die kontinuierliche Kostenentwicklung über die Zeit. Dabei beziehen sie technologische Entwicklungen neben möglichen Effizienzsteigerungen der Kunden mit ein. 

Der enorme Energiekonsum bedingt durch die notwendige Rechenleistung ist ein weiterer Punkt. Allein ChatGPT verbraucht schätzungsweise den Strom von 180.000 Haushalten. Eine Entwicklung, die die Technologieunternehmen erkannt haben und der sie mit der Entwicklung von Lösungen wie GPT-4o auch aus Gründen der Nachhaltigkeit entgegenwirkten. Beispielsweise sind die Kosten, um Text mit dem Microsoft Azure OpenAI Service zu generieren von der ersten Version des GPT-4 Modells zur aktuell verfügbaren Version GPT-4o innerhalb eines Jahres bereits um den Faktor 16 gefallen. Christian Becker, Technology Lead bei Microsoft Deutschland, einem Partner von Kyndryl, geht davon aus, dass sich diese Entwicklung fortsetzen wird. Neben diesen Effizienzsteigerungen sieht er großes Potenzial für ein exponentielles Wachstum der Geschäftsrelevanz von KI-Technologien.

Fazit – Ernüchterung und realistische Erwartungen:
Nach dem anfänglichen Hype um Lösungen wie ChatGPT und den hohen Erwartungen, ist eine gewisse Ernüchterung eingetreten. Unternehmen erkennen, dass, wenn sie GenAI nutzen, Vorteile und Produktivitätssteigerungen erzielt werden können. Teilweise stehen einzelne Branchen, wie das Marketing, vor einer Revolution. Die generische Erstellung von Bildern, Texten oder ganzen Liedern und Videos hat heute schon einen massiven Einfluss auf die komplette Marketing-Branche. Softwarehersteller wie Adobe haben KI in Produkten, wie Firefly oder Photoshop eingeführt, um Produktivitätssteigerungen zu erzielen und damit die Wertschöpfungskette immens beeinflusst. Dieses Potenzial zu realisieren, birgt aber auch Herausforderungen und führt dazu, dass sich die Erwartungen nicht immer sofort erfüllen. Um beim Beispiel der Marketing-Branche bzw. Erstellung von Bildern zu bleiben, sehen KI-generiete Bilder zwar täuschend echt aus, haben jedoch erkennbare Fehler, wie die Darstellung von Händen oder unnatürliche Proportionen.

Um GenAI erfolgreich zu nutzen, braucht es jedoch nicht nur realistische Erwartungen und das Bewusstsein, dass die Implementierung Zeit und Ressourcen benötigt, sondern auch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Fachabteilung und IT. Darüber hinaus sollten Unternehmen bereit sein die eigene Unternehmenskultur anzupassen und kontinuierlich in die Technologie und Schulung zu investieren, um an den rasanten Entwicklungen im Bereich GenAI teilzuhaben.