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Kraftvolle Strategien statt organisierter Planlosigkeit: Auf was Chefs achten sollten, damit Strategien wirklich Wirkung erzielen

Zwei von drei Change-Projekten scheitern bei der Umsetzung in die Praxis – das schrieb 2014 der Harvard Business Manager. Warum kommen viele Mitarbeiter bei Veränderungen nicht mit? Ich behaupte: In vielen Change-Projekten wissen oder verstehen die Mitarbeiter gar nicht, wohin sie denn mitkommen sollen, geschweige denn warum. Und wenn Mitarbeiter das Ziel und den Weg, also die Strategie, nicht kennen, verstehen und gutheißen, ist eine ganz natürliche Reaktion, dass sie die Veränderung nicht aktiv unterstützen. Damit ist sie zum Scheitern verurteilt. Es gilt also, dem Thema Strategie und deren Wirkung im Führungsalltag mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Positionieren Sie sich und stehen Sie für etwas

Haben Sie schon darüber nachgedacht, was Ihre Kunden über Ihr Unternehmen sagen sollten? Wie wollen Sie im Markt wahrgenommen werden? Wollen Sie als die Billigsten gelten oder als Premium? Oder als das Unternehmen mit den innovativsten Produkten? Letztendlich geht es hier schon um die Frage, warum jemand mit Ihnen Geschäfte machen sollte und wer das sein sollte. Warum sollte jemand ausgerechnet zu Ihnen kommen? Nehmen Sie sich vor, in einem Punkt der Beste oder anders als alle anderen zu sein und kommunizieren Sie das. „Freude am Fahren“ von BMW und „Vorsprung durch Technik“ von Audi sind eindrucksvolle Beispiele, wie Positionierung funktioniert. Die eigene Positionierung ist die zentrale Entscheidung in der Strategiearbeit. Und dennoch wird sie häufig nicht bewusst getroffen. Entscheiden Sie hier auch unbedingt, was Sie nicht sein wollen. Sie können als Unternehmen nicht alle Kunden dieser Welt glücklich machen. Wer das versucht, wird sich verzetteln.

Bringen Sie Erfolgsfaktoren und Spielsystem in Einklang

„Kunden zahlen für Problemlösungen und gute Gefühle“, sage ich gerne in Vorträgen. Es gilt, sich ein klares Bild davon zu machen, welche Kunden oder Kundengruppen die Zielgruppen des Unternehmens werden sollen und was diesen unterschiedlichen Zielgruppen besonders wichtig ist. Jägermeister hat sich die jungen Konsumenten nicht durch Lösung eines Verdauungsproblems erobert, sondern durch das Angebot eines modernen Lebensgefühls.

Qualität kann bei zwei verschiedenen Kundengruppen ganz unterschiedliche Dinge bedeuten. Diese Erfolgsfaktoren gilt es sichtbar zu machen. Die Art und Weise der Zusammenarbeit muss konsequent an ihnen ausgerichtet werden, und zwar abteilungsübergreifend. Ansonsten kann es passieren, dass der Vertrieb kundenspezifische Sonderlösungen propagiert, um Nischenmärkte zu erreichen, während die Fertigung auf Standardisierung setzt, um Kosten zu senken. Für diese unternehmerischen Spannungsfelder gilt es, bewusst den zur Positionierung am besten passenden Kompromiss zu finden.

Fokussieren Sie Verhaltensweisen, nicht Organisationen

Tatsächlich verhalten sich Unternehmen selten so wie in Organigrammen dargestellt. Unternehmen verhalten sich wie Netzwerke von Menschen, die gemeinsam etwas erreichen wollen. Bevor daher neue Organigramm-Kästchen gezeichnet werden, muss Klarheit vorliegen, welche neuen Verhaltensweisen benötigt werden, um das neue Ziel zu erreichen. Dann erst kann entschieden werden, welche organisatorischen Mittel dazu nötig sind. Manchmal reicht es, zwei Mitarbeiter in einen Raum zusammenzusetzen, Experten-Gremien einzusetzen, andere Führungskennzahlen zu verwenden oder auch mal einen Chef auszutauschen. Chefs wie Mitarbeiter und deren persönlichen Wertesysteme müssen zur Strategie passen.

Beachten Sie den Unterschied zwischen Partizipation und Verantwortlichkeit

Unsere Unternehmenswelt ist häufig zu komplex, als dass Geschäftsführer oder Vorstände die Realität des Unternehmens und das Umfeld gut genug kennen und wirkungsvolle Strategien entwickeln können. Dann sind zusätzliche Experten nötig. Meine Erfahrung zeigt, dass sich Mitarbeiter bei Strategie gerne einbringen und ihren Beitrag leisten wollen. Es ist motivierend, wenn die eigene Meinung gehört wird. Die Verantwortung für die Entscheidung muss jedoch klar beim Management liegen. In diesem Kontext empfehle ich ferner, Strategiearbeit (qualitative inhaltliche Arbeit) und strategische Planung (mit den dazugehörigen finanziellen Entscheidungen) bewusst getrennt durchzuführen. Beide Bereiche erfordern unterschiedliche Talente und Verantwortlichkeiten.

Verkaufen Sie vorstellbare Strategien

Unterschiedliche Mitarbeiter, unterschiedliche Fachbereiche, unterschiedliche Führungsebenen haben unterschiedliche Erwartungshaltungen und Anforderungen an eine Strategie. Daher müssen Strategien nicht nur als Ganzes, sondern auch spezifisch „verkauft“ werden – also im Dialog mit der jeweiligen Gruppe erklärt werden. Es ist nötig nachzufragen, ob sich Mitarbeiter wie Chefs den Zielzustand vorstellen können und ob dieser für die Beteiligten attraktiv ist. Jeder Mitarbeiter muss wissen, was die neue Strategie konkret für seine tägliche Arbeit bedeutet. Ohne Bild im Kopf entsteht keine Wirkung. Um eine Strategie kraftvoll in die Organisation zu bekommen, ist daher sehr viel persönliche Kommunikation und kritischer Dialog nötig. Letztendlich müssen Mitarbeiter die Entscheidung treffen können: Das neue Ziel macht Sinn, wir machen daher mit – oder wir gehen.

Nehmen Sie sich Zeit für Strategiearbeit

Der Gründer der Firma AL-KO – die Sie vielleicht kennen, weil sie möglicherweise einen Caravan oder Anhänger mit deren Achsen nutzen – war aufgrund eines Autounfalls im Krankenhaus und hatte plötzlich Zeit. Auch zum Nachdenken. Dort kam er auf die Idee, mit seiner Firma in die Serienfertigung von Handbremshebeln einzusteigen. Aus einer Schmiede entwickelte sich daraufhin die Fahrzeugsparte des heutigen Familienkonzerns. Daraus können wir lernen: Über die Zukunft nachdenken und hektische Tagesgeschäftigkeit gehen nicht zusammen. Nehmen Sie sich einmal oder zweimal im Jahr etwas Zeit, um mit den Schlüsselspielern Ihres Unternehmens über die Zukunft und die Strategie zu sprechen. Warten Sie nicht darauf, dass Sie ein Umstand zur Muße zwingt. Sie werden sehen: Es ist gut investierte Zeit.

Bruno Hartmann hat in über 25 Jahren Berufspraxis Unternehmenswandel erlebt. Als Ingenieur in der Antriebstechnik und Führungskraft hat er dabei die Auflösung des Mannesmann-Konzerns erfahren und den Wandel eines Mittelständlers zu einem modernen Konzernunternehmen mitgestaltet. Der Ulmer Strategieexperte studierte Wirtschaftsingenieurwesen in Rosenheim und schloss mit dem Master of Business Adminsitration (MBA) an der Clemson University in den USA ab. Heute hält er eine leitende Funktion im Vertrieb eines international führenden Technologie-Konzerns, dessen Aufsichtsrat er ebenfalls angehört.
Bruno Hartmann ist leidenschaftlicher Ingenieur, querdenkender Manager und begeisternder Vortragsredner. Sein Erfahrungsschatz in den Bereichen Unternehmenswandel, Strategie und Führung ist im eigenen Umfeld, in Führungsteams von anderen Unternehmen und bei Unternehmerverbänden gleichermaßen gefragt.

www.bruno-hartmann.com